mit einem Massband und einem Symbol wird die Frage gestellt, ob Nachhaltigkeit messbar ist.

Nachhaltigkeit einfach messbar machen

Ist Nachhaltigkeit messbar?

Um es vorweg zu nehmen: Ja, Nachhaltigkeit ist messbar. Doch auf dem Weg dahin müssen einige Dinge bedacht, durchdacht und bewertet werden.

Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Zunächst einmal sollten wir uns der Bedeutung des Begriffs Nachhaltigkeit bewusstmachen. Mir gefällt dabei die sogenannte Brundtland-Definition sehr gut, die folgendermaßen lautet:

Nachhaltig ist eine Entwicklung, “… die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen …”

Nachhaltigkeit bringt Unternehmen und Organisationen viele, vor allem längerfristige Vorteile. Sie kann die Lösung für viele Fragen und Probleme in einer immer komplexeren Welt sein, da eine nachhaltige Gesellschaft systembedingt besser und erfolgreicher wirtschaftet und nicht auf Kosten der nächsten Generationen lebt. Nachhaltigkeit ist der Garant für dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg, eine friedlichere und tolerantere Welt, eine Welt mit prosperierender Wirtschaft, mit intakter Umwelt und innovativer Entwicklung.

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Das System der Nachhaltigkeit hat drei Dimensionen – die ökonomische, die sozial / gesellschaftliche und die ökologische Dimension. Zusammen mit Steuerinstrument des Nachhaltigkeitsmanagements bilden sie so den ‘Tempel der Nachhaltigkeit‘.

das Bild zeigt das System Nachhaltigkeit als klassischen Tempel. Er besteht aus den drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales, sowie dem Dach des Nachhaltigkeitsmanagements.
Die Dimensionen der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist meiner Überzeugung nach der Schlüssel zum Erfolg, sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben. Es bedeutet den bewussten, gezielten und gleichzeitigen Einsatz aller drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Das ist auch schon das ganze Geheimnis. Werden beispielsweise in einem Projekt

  • die ökonomischen Erfordernisse für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung,
  • die Bedürfnisse und Sorgen der beteiligten Menschen und
  • die ökologischen Folgen auf die Umwelt in die Balance gebracht bzw. gleichwertig berücksichtigt,

dann ist das die beste Erfolgsgarantie. Oft fehlt jedoch das richtige Instrumentarium um den erreichten Grad der Nachhaltigkeit einer Organisation, eines Unternehmens, eines Verbands oder Landes zu messen. Messbarkeit ist aber die Voraussetzung dafür, dass man an Hand von Kriterien und Indikatoren die Wirksamkeit von Maßnahmen objektiv bewerten und damit die Projektleitung optimieren kann.

Messlatte und Leitplanke ISO 26000

Nachhaltigkeit messbar machen, dafür ist für mich die ISO 26000 – der Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung (Guidance on Social Responsibility) – die wichtigste Grundlage.

Die ISO 26000 basiert auf Grundlage eines Multi-Stakeholder-Ansatzes aus dem Jahr 2010. Fachleute aus mehr als 90 Ländern und 40 internationalen und regionalen Organisationen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen wurden einbezogen. Vertreten waren die Anspruchsgruppen Wirtschaft, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Konsumenten, Erwerbstätige, Dienstleistung, Beratung, Forschung und Wissenschaft.

Jede Organisation wird darin ermutigt, auf Basis dieser internationalen Norm verstärkt gesellschaftliche Verantwortung in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit wahrzunehmen. Die Kernthemen Organisationsführung, Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt, faire Betriebs- und Geschäftspraktiken, Konsumentenanliegen und die Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft werden in 38 Handlungsfeldern ausführlich beschrieben. Anschließend werden für jedes Handlungsfeld entsprechende Maßnahmen und Erwartungen beschrieben, von den jede Organisation das für sie passende verwenden kann (eine Orientierungshilfe für Kernthemen und Handlungsfelder der ISO 26000 ist auf der Homepage des BMUB zu finden).

Für mich als Nachhaltigkeitsmanager und Projektleiter ist dieser “Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung” inzwischen ein unverzichtbarer Teil meiner täglichen Arbeit geworden.

Es gibt jedoch bei der Anwendung der ISO 26000 in kleines Manko. Diese internationale Norm soll dem Anwender zur Orientierung dienen. Sie ist weder für Zertifizierungszwecke vorgesehen noch geeignet: “… Es wäre eine Fehlinterpretation der Absicht und des Zwecks dieser Internationalen Norm, Zertifizierungen gemäß ISO 26000 anzubieten bzw. zu behaupten, gemäß ISO 26000 zertifiziert zu sein.”

Zertifierung und Gütesiegel

Nun ist die ISO 26000 leider nicht für eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung geeignet, zumindest nicht direkt. Dennoch kann sich jede Organisation aus den beschriebenen Kernthemen und Handlungsfeldern das jeweils geltende Kriterium herausnehmen und damit ein eigenes, auf die entsprechenden Indikatoren gestütztes System zur Zertifizierung aufbauen.

Doch wie geht man da am Besten vor?

Kriterien

Nun, zunächst einmal sollten die Kriterien definiert werden, anhand Nachhaltigkeit in einer Organisation messbar wird. Es bietet sich an, anhand dem obigen Übersichtsbild fünf Inhaltsgruppen zu bilden und den Grad der Erfüllung der dort enthaltenen Inhalte aus der ISO 26000 als Kriterium für Nachhaltigkeit zu verwenden. Dabei können die einzelnen Kernthemen und Handlungsfelder aus der ISO 26000 passend für die jeweilige Organisation aufgenommen werden.

Für die fünf Inhaltsgruppen ergäbe sich somit folgende Gliederung:

  1. Gesellschaftliche Verantwortung
  2. Ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit
  3. Soziale Dimension der Nachhaltigkeit
  4. Ökologische Dimension der Nachhaltigkeit
  5. Nachhaltigkeitsmanagement

Hierzu ein Beispiel: In der Inhaltsgruppe 4, Kernthema “Abschwächung des Klimawandels und Anpassung”, Handlungsfeld “Energieeinsparung” könnten die eingeleiteten und geplanten Maßnahmen der Organisation zur Energieeinsparung und zur Erhöhung der Energieeffizienz in MWh pro Jahr abgefragt werden. Der relative Wert und der Fortschritt bei diesen Maßnahmen über die Jahre kann dann als Nachhaltigkeitskriterium verwendet werden.

Indikatoren und Kennzahlen als Messgrößen

Mit der Definition und Abarbeitung der Inhaltsgruppen wird der Grad der Nachhaltigkeit einer Organisation messbar.

Doch wie verhält sich das jeweils Erreichte in Bezug auf die Anspruchsgruppen der Organisation und im Vergleich mit ähnlichen Organisationen?

Dazu dienen Indikatoren, ein sogenannter Key Performance Indicator (KPI) bzw. eine Leistungskennzahl. Als KPI kann als Quotient aus Maßnahmen und einer geeigneten Bezugsgröße gebildet werden. Um bei unserem Beispiel Energieeffizienz zu bleiben, könnte hier ein geeigneter KPI der Quotient aus Energieverbrauch  (Strom, Wärme, Gas, usw.) und Mitarbeiterzahl gebildet werden, z.B. ein mittelständisches Unternehmen mit 40 Mitarbeitern und einem Jahresstromverbrauch von 200MWh käme dann auf einen KPI von 5.000 kWh pro Mitarbeiter und Jahr. Daran kann in den Folgejahren gearbeitet werden!

Allerdings sollte bei der Bildung von KPIs immer auf deren Sinnhaftigkeit geachtet werden. Ein KPI aus Stromverbrauch in Relation zum Jahresumsatz würde in unserem Beispiel wohl kaum Sinn machen.

So wird Nachhaltigkeit messbar

Nachhaltigkeit messbar machen, dafür können natürlich viele Wege beschritten werden. Für mich ist jedoch die Überführung der Inhalte aus der ISO 26000 in ein umfassendes und transparentes Zertifizierungssystem der derzeit sinnvollste Lösungsansatz.

Ein solches Zertifizierungssystem für Nachhaltigkeit von Organisationen kann prinzipiell jeder entwickeln, der sich tief genug in die ISO 26000 einliest und bereit ist, mehrere Jahre intensive Arbeit in die Entwicklung eines solchen Zertifizierungssystem zu stecken.

Wer diesen doch erheblichen Aufwand nicht betreiben will bzw. nicht die Zeit oder finanziellen Mittel hierfür hat, braucht kein eigenes Zertifizierungssystem zu entwickeln.

Nachhaltigkeit messbar machen

Um Nachhaltigkeit also messbar zu machen, habe ich das Zertifizierungssystem ‘Sustainability. Now.® entwickelt, das – wie in diesem Artikel beschrieben – im Wesentlichen auf den Inhalten der ISO 26000 aufbaut. Damit wird Nachhaltigkeit messbar. Parallel dazu hat der gemeinnützige Verein IASA ein eigenes Gütesiegel ‘IASA Certified Sustainability.®entwickelt, das bei Erreichung einer Mindestqualifikation im System ‘Sustainability. Now.® an die jeweilige Organisation vergeben wird.

Ursprünglich wurde das Zertifizierungssytem und Gütesiegel für Unternehmen in der Luftfahrt entwickelt. Inzwischen ist das System auch in einer branchenneutralen Version verfügbar und steht somit Organisationen jeglicher Art und Branche zur Verfügung. Interessenten, die das Gütesiegel für Ihre Organisation erhalten wollen, können sich auf der Homepage des Vereins detaillierter informieren und direkten Kontakt mit den IASA-Auditoren aufnehmen.

Für die nichtfinanzielle-Berichtspflicht nach der CSR-Richtline ist ein entsprechendes Berichtsmodul im Zertifizierungssystem enthalten.

Schon ein erstes Informationsgespräch mit den Experten der IASA zeigt, wie sehr die Prinzipien der ISO 26000 geeignet sind, die Energieeffizienz eines Unternehmens oder einer Organisation zu verbessern, neue Dimensionen der Nachhaltigkeit zu erschließen, eine wirklich nachhaltige Unternehmensführung zu erleichtern und ökonomische Vorteile der Nachhaltigkeit zu generieren.

Dabei muss nicht notwendiger Weise schon im ersten Schritt das Unternehmen oder die Organisation als Ganzes zertifiziert werden. Man kann auch damit beginnen, schrittweise einzelne Unternehmensbereiche (z. B. Projektleitung) zu zertifizieren. Entscheidend für den Erfolg ist die dauerhafte Integration der ISO 26000, um eine wirklich nachhaltige Unternehmensführung zu erzielen.

Lieferkettengesetz – Standards werden vergleichbar

Ab dem Jahr 2023 müssen Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten (später ab 1000 Beschäftigten) ihre unternehmerische Sorgfaltspflicht in ihren Lieferketten per gesetzlicher Verordnung nachkommen. Dabei müssen die betroffenen Unternehmen für die Einhaltung der Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette sorgen. Sie müssen darüber hinaus Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten berichten. Unternehmen, die unsere Nachhaltigkeitszertifizierung erfolgreich durchlaufen haben, erhalten damit auch einen gesetzeskonformen Nachweis zum Lieferkettengesetz. Damit kommt ein weiteres Element dazu, Nachhaltigkeit messbar zu machen.

VER – Verified Emission Reduction

Klimaschutz ist kein Synonym für Nachhaltigkeit. Klimaschutz ist jedoch ein wichtiger Bestandteil der ökologischen Säule im System Nachhaltigkeit. Die Bemühungen und Erfolge einer Organisation beim Klimaschutz lassen sich über die Emissions-Reduktionen von CO2-Äquivalenten sehr gut messen. Unabhängige und speziell zugelassene Organisationen sind sehr gut geeignet, diese Emissions-Reduzierungen zu verifizieren. Ein gemeinnütziger Verein wie die IASA ist hier sicher ein guter Ansprechpartner.

Die Dimensionen der Nachhaltigkeit sind vielfältig; entscheidend ist, dass man damit beginnt, Maßnahmen hierzu in der Praxis umzusetzen. Erst kommt die Maßnahme, daraus resultiert dann Nachhaltigkeit, die auch messbar ist.

Fazit – Nachhaltigkeit messbar machen

Nachhaltigkeit kann gemessen, bewertet und damit zur Unternehmenssteuerung verwendet werden. Ein vertrauenswürdiges Zertifizierungssystem dokumentiert den Grad der Nachhaltigkeit und führt zur nachhaltigen Optimierung im Unternehmen.

mehr zum Thema: Der Energiepfad zur Nachhaltigkeit


Michael Wühle

Michael Wühle ist Experte für Nachhaltigkeit. Er schreibt Artikel und Sachbücher zur praktischen Anwendung von Nachhaltigkeit im beruflichen und privaten Leben. Sein Expertenwissen gibt er gerne in Seminaren und Workshops weiter. Unternehmen unterstützt er bei der Transformation zu Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität.

das Profilbild von Michael Wühle, Experte für Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Michael Wühle

Wollen sie wissen wie Nachhaltigkeit ganz praktisch geht?

Nachhaltigkeit messbar machen – Tipps und Tricks aus der Praxis

Das Cover des Buchs 'Nachhaltigkeit messbar machen', ein Sachbuch des Nachhaltigkeits-Experten Michael Wühle. Erschienen im Springer-Verlag 2022
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